Kennedy sitzt uns in der Schneiderei seines Ausbilders gegenüber auf einem hölzernen Schemel und lächelt uns scheu an. Mit seinen siebzehn Jahren ist er jünger als die meisten Auszubildenden und das sieht man. Seine Statur ist schmal und er trägt ein buntes T-Shirt, selbstgeschneidert, wie er mir stolz erzählt. Seit eineinhalb Jahren macht Kennedy eine Ausbildung zum Schneider und träumt davon, sein altes Leben hinter sich zu lassen.
Als Kennedy 13 Jahre alt ist, wird sein Vater plötzlich krank und kann die Familie nicht länger versorgen. Seine Mutter versucht, mit Gelegenheitsjobs ihre Kinder zu versorgen, die beiden ältesten Söhne sind bereits ausgezogen. Kennedys ältere Schwestern haben selbst schon Kinder und leben mit ihnen bei den Eltern. Insgesamt leben also zwölf Personen in dem kleinen Holzhaus. Als Kennedys Vater seine Arbeit verloren hat, musste Kennedy die Schule abbrechen, denn die Weiterbildung nach der Grundschule (bis zu sechsten Klasse) kostet in Ghana Schulgebühren, die die Familie nicht aufbringen konnte.
Um zu überleben, ist die Familie auf die Hilfe anderer angewiesen, wie die ihrer Nachbarin Comfort Marfo. Comfort führt ein erfolgreiches Cateringunternehmen. Seit Jahren unterstützt sie Kennedys Familie mit Geld und Lebensmitteln. Sie war es auch, die Kennedy vom YAP-Programm erzählte, mit ihm zur Anmeldung ging und ihm den Ausbildungsplatz in der Schneiderei ihres Sohnes Jephthah ermöglichte. Die Schneiderei ist ein fröhlicher Ort, viele junge Auszubildende sitzen an ihren Nähmaschinen und unterhalten sich laut, es wird viel gelacht. Kennedy mag seinen Ausbilder Jephthah und die anderen Auszubildenden sehr. Wenn jemand einen Fehler macht, hilft man sich gegenseitig.
Mittlerweile hat Kennedy schon die Hälfte seiner Ausbildung erfolgreich gemeistert. Kennedy hat sich für das Schneiderhandwerk entschieden, weil er sich davon große Chancen für seine Zukunft erhofft und, weil er kreativ sein kann! Sein Traum ist es, sich einen Namen als Schneider zu machen und ein Vorbild für seine jüngeren Geschwister zu sein. Doch der Weg dorthin ist alles andere als leicht. Nicht immer hat seine Familie genug Geld für etwas zu essen und oft geht Kennedy hungrig zur Arbeit. Trotzdem ist er fest entschlossen, die Ausbildung erfolgreich zu beenden. „YAP hat mein Leben verändert“, sagt er. „Es hat mir ein Ziel gegeben, auf das ich hinarbeiten kann. Vorher hatte ich nichts, auch keine Hoffnung auf ein besseres Leben“. In den Schulungen hat Kennedy viel darüber gelernt, wie man ein Unternehmen erfolgreich führt, mit Kundinnen und Kunden umgeht und ein gesundes Leben lebt. Darüber hinaus hat er jetzt ein Handwerk erlernt, mit dem er sich und seine Familie in Zukunft versorgen kann. Das kann ihm niemand mehr nehmen. Im Anschluss an seine Ausbildung möchte Kennedy eine eigene Schneiderei eröffnen und eines Tages selbst junge Menschen im YAP-Programm ausbilden. „Durch YAP konnte ich etwas aus mir machen, das möchte ich auch anderen ermöglichen“, sagt er.
Das Haus in dem Kennedys Familie lebt, liegt nur wenige Schritte hinter Jephthahs Schneiderei. Es ist aus einfachen Holzplanken zusammengezimmert, es gibt keine Fenster und statt Türen sind Tücher vor den Eingang gespannt. Eine wacklige Konstruktion aus Wellblech außerhalb des Hauses ist die Toilette und Waschstelle der Familie. Kennedys Familie sitzt auf Holzschemeln um die Feuerstelle herum, sie lächeln und laden uns ein, Platz zu nehmen. Kennedys Mutter Adwoa ist sehr dankbar, dass ihr Sohn die Ausbildung zum Schneider durch das YAP-Programm machen kann. Ohne YAP hätte er, wie seine Geschwister, keine Chance gehabt, einen Beruf zu erlernen. Sie und ihr Ehemann Kofi hoffen sehr, dass Kennedy die Ausbildung erfolgreich abschließt und in Zukunft ein besseres Leben führen kann. Beide sind sehr stolz darauf, wie weit er schon gekommen ist und setzen ihre ganze Hoffnung in ihn.